„DER EWIGE ZUG DER JÜDISCHEN GESCHICHTE“
„DER EWIGE ZUG DER JÜDISCHEN GESCHICHTE“
Die Erforschung der eigenen Identität ist ein grundlegendes Thema der Kunstgeschichte, das in einer Gesellschaft, die vom Begriff der Globalisierung geprägt ist, stetig an Bedeutung gewinnt. Das Bewusstsein, einem Kulturkreis anzugehören, der auf eine über 3.000-jährige Geschichte voller Glanz und Elend, Hoffnung und Verzweiflung zurückblicken kann, wirkt verbindend und identitätsstiftend.
Die Collage „Der ewige Zug der Jüdischen Geschichte“ ist der Versuch diese Geschichte in ihrer Gesamtheit in eine individuelle visuelle Sprache zu übertragen. Die großformatige Stoff-Collage zeigt in dicht aufeinander folgenden szenischen Darstellungen bedeutende Stationen der jüdischen Geschichte von den Ursprüngen bis heute, von der Zerstreuung in die Diaspora bis ins 21. Jahrhundert. Kaleidoskopartig werden Schlüsselszenen aus historischen Ereignissen, von Riten und Bräuchen zitiert und künstlerisch im Stil der einzelnen Epochen interpretiert.
Namen und Portraits bedeutender Persönlichkeiten der Weltkultur aus Kunst, Musik, Literatur, Philosophie und Religion, Wirtschaft und Technik verschmelzen zu großflächigen Bildeinheiten, die vom Betrachter als abstraktes Formenspiel erlebt – oder aber als informativer Bild-Textfluss entschlüsselt werden können.
Zitate, Illustrationen und Interpretationen verbinden sich durch den sensiblen Einsatz der unterschiedlichen Stilelemente und die Verwendung verschiedener, jedoch präzise aufeinander abgestimmter und sich ergänzender Abstraktionsebenen zu einer großen, narrativ-ästhetischen Einheit, die trotz der ungeheuren Dynamik der dargestellten historischen Ereignisse und der enormen Dichte von Fakten und Personen eine konzentrierte formale Geschlossenheit und eine konsequente Kontinuität der jüdischen Geschichte vermittelt.
Die Grundlage der Collage bildet grober Leinenstoff als Symbol für die Entstehung der Welt. Stoff- bzw. Lederstreifen leiten und begleiten den Blick des Betrachters durch die zeichnerisch-malerisch illustrierten Episoden der jüdischen Geschichte und sind so aufgebaut, dass sie bewusst oder unbewusst an religiöse Symbole erinnern. Rote- bzw. terracottafarbene Lederstreifen symbolisieren den historischen Lebensraum der Wüste Sinai, schwarze den Tallit und den Gebetsriemen Tefillin. Die geknoteten Kordeln in der Bildmitte zitieren die Schaufäden des Gebetsmantels. Sie veranschaulichen die Einheit des jüdischen Volkes und erinnern mit ihren Knoten an die fünf Bücher Mose.
Geblümte, aneinander genähte Jacquardstoff-Streifen versinnbildlichen die profanen alltäglichen Geschäfte, während die mit geometrischen Mustern versehenen, an das spirituelle, das Traditionen bewahrende- und lehrende Judentum erinnern. Der geblümte Jacquardstoff, dessen Muster inspiriert ist von der Idee des „Garten Eden“ (oben links) als Sinnbild für ein erfülltes religiöses Leben, wiederholt sich motivisch im Traum des ersehnten irdischen Heims (oben rechts) und dem Ort spiritueller Ankunft (Mitte). Die Sehnsucht nach einem Heim, die sich kontinuierlich durch die gesamte Geschichte des Volkes Israel zieht, ist zentral für die Collage und symbolisiert sowohl den Anfang und das Ende der irdischen Reise, als auch den Aspekt der Unendlichkeit.
Hier schließt sich der Kreis und der Blick des Betrachters wird auf die Gesamtkonzeption gelenkt. Die Collage erzählt in kleinen Episoden Einzelheiten der vielfältigen Geschichte, verliert aber dabei das große Bild nicht aus den Augen. Die Gesamtkomposition erinnert in ihrer Form an die Arche Noah. „Der ewige Zug der jüdischen Geschichte“ wird zu einem Schiff in Bewegung, das vom Garten Eden ausgehend ewig auf der Suche nach dem neuen Heim die Weltmeere befährt.
Der Betrachter kann sich ganz in die bildnerisch dichte erlebnis- und inhaltsreiche künstlerische Schilderung vertiefen und in den präzisen Bildmontagen vielfältiger historischer Ereignisse, die sich fließend zu einer logisch ineinander greifenden Narration ergänzen, verlieren. Die Technik der Materialcollage, mit ihrem Spiel von groben und feinen, harmonischen und zerstörten Strukturen, betont jedoch die Materialität und damit den Wirklichkeitsbezug des Werkes anschaulich und führt sowohl das kollektive Schicksal des jüdischen Volkes innerhalb des großen Weltgeschehens eindrücklich vor Augen, als auch den Stellenwert und die Bedeutung der einzelnen Mitglieder der Glaubensgemeinschaft.
Dr. Kerstin F. Blum Komparatistik/ Comparative Literature Otto-Friedrich-Universität Bamberg/ University of South Carolina
Fragment mit Einstein, Golda Meir Leben im Schtetl – Kleinstadt-Gemeinden in Osteuropa. Marc Chagall. Levi Strauss. Ellis Island, New York. Synagoge in Worms, 1034. Synagoge „Staranova“ in Prag, um 1300. Maimonides – bedeutendster jüdischer Gelehrter des Mittelalters. Kronacher Synagoge. Scholem Aleichem (1859-1916) –Schriftsteller („Anatevka“). Theodor Herzl (1860-1904).Schoah. Albert Einstein. Golda Meir – die erste Premierministerin Israels. Landkarte von Israel. Eliezer ben Jehuda Autor des ersten modernen hebräischen Wörterbuchs